Anthroposophische Medizin

Anthroposophische Medizin entwickelt ihr therapeutisches Handeln aus einem erweiterten Menschenbild heraus. Der anthroposophische Arzt durchläuft eine naturwissenschaftlich-schulmedizinische Ausbildung und ergänzt diese durch ein Wissen vom seelisch – geistigen Menschenwesen, das in den Körperfunktionen lebt. So versucht er den Zusammenklang zwischen Körper, Seele und Geist zu verstehen, aus dem heraus sich die menschliche Biografie mit ihren Schicksalsereignissen, ihrem Gesundheitspotential und ihren Krankheiten gestaltet. Durch dieses erweiterte Menschenbild wird der kranke Mensch nicht auf ein Mosaik von ärztlichen Befunden und Laborwerten reduziert, sondern als Individualität betrachtet, die sich im Verlauf ihrer Biografie mit der Krankheit auseinandersetzt und sich an ihr entwickelt. Aus der Verantwortung für die eigene Biographie ist der Patient aufgefordert aktiv an seiner Gesundung und Entwicklung mitzuarbeiten.

Die anthroposophischen Heilmittel werden aus allen Naturbereichen gewonnen und sind mineralischen, pflanzlichen und tierischen Ursprungs. Durch spezielle Herstellungsverfahren und Potenzierung werden Natursubstanzen in heilende Substanzen verwandelt. Eine besondere Stellung kommt hierbei der Metalltherapie und der Misteltherapie zu. Die Mistel, als wichtiges Heilmittel bei Krebserkrankungen, findet inzwischen auch zunehmend Anerkennung im schulmedizinischen Bereich. Da jede Krankheit ein Ungleichgewicht im Zusammenklang des körperlichen , seelischen und geistigen Menschen darstellt, werden die anthroposophischen Heilmittel entsprechend dieses Ungleichgewichtes komponiert und sind daher oft aus mehreren Heilsubstanzen zusammengesetzt.

Die Therapie mit den anthroposophischen Heilmitteln wird ergänzt durch rhythmische Massagen, Einreibungen, Wickel und Auflagen. Die Anregung des Wärmeorganismus durch Hyperthermie stellt vor allem bei Krebserkrankungen eine wichtige ergänzende Therapiemaßnahme dar.

Die Kunsttherapie nimmt eine bedeutende Stellung im anthroposophischen Therapiekonzept ein. Sie richtet sich ganz an die individuelle Entwicklung des Patienten und seine aktive Mitarbeit an der Gesundung. Durch das künstlerische Tun werden Eigenheilkräfte und Entwicklungsimpulse frei. Zu den anthroposophischen Kunsttherapien gehören Heileurythmie, Sprachgestaltung, Plastisch-therapeutisches Gestalten, Therapeutisches Malen und Gestalten und Musiktherapie. Diese werden in Einzeltherapiesitzungen durchgeführt, direkt neben den Praxisräumlichkeiten. So ist in enger Zusammenarbeit mit den Therapeuten ein individuelles Eingehen auf jeden Patienten und seine Lebenssituation möglich.

Die Anthroposophische Medizin wurde Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts von Dr. Rudolf Steiner (1861 – 1925) gemeinsam mit der Ärztin Dr. Ita Wegman (1876 – 1943) entwickelt. Sie wird inzwischen weltweit praktiziert. Im Laufe der Jahrzehnte sind anthroposophische Kliniken, Sanatorien, zahlreiche Arztpraxen und eigenständige therapeutische Institute entstanden. Die Zusatzbezeichnung Anthroposophische Medizin wird nur dann verliehen, wenn der Arzt einen ausführlichen Ausbildungsgang mit Abschlussprüfung auf diesem Gebiet durchlaufen hat.